Wien, 13.6.2016. Der mögliche BREXIT verbreitet in den Couloirs der politischen und wirtschaftlichen Institutionen Furcht und Schrecken. Was passiert nach dem Tag X? Werden dann alle rechtspopulistischen Parteien in den EU-Staaten erst so richtig mutig und fordern ebenfalls einen „Exit“? Zerbröselt dann die EU und obsiegen wieder die alten, nationalistischen Kräfte?

Karl Marx sprach von der Wiederholung der politischen Tragödie als Farce. Wäre es möglich, dass genau die Befürworter eines Exit letztlich einen Pyrrhussieg erringen? Denn auch innerhalb von Nationalstaaten gibt es Konfliktlinien entlang von Regionen, und der Spaltpilz könnte weiter wirken. Schottland erwägt im Falle eines Brexit den Austritt aus dem Vereinigten Königreich um dann separat in die EU wieder einzutreten. Wäre das eine Blaupause für ein Europa der Regionen? Zerfledderte Nationalstaaten, deren Regionen unter dem Dach der EU Zuflucht suchen? Kultur- und Sprachregionen, die keine wirklich gewachsene politische und administrative Stärke haben und dadurch indirekt das Zentrum Brüssel an Stärke gewinnt? Und letztlich erst dadurch die EU als Bundesstaat ermöglicht würde?

Das wäre die historische Pointe, ein dialektischer Salto: Genau jene Kräfte, die die Vereinigten Staaten von Europa verhindern wollten, würden deren Entstehung quasi durch die Hintertüre ermöglichen. Ein Treppenwitz der Geschichte, deren Ausgang sich wohl weniger an politische Drehbücher hält denn an globale, ökonomische Bedingungen. Zuvor muss man bloß die Irrationalität und die Emotionen der politisch Beteiligten überleben….